Lawrence Weiner - 4. Kunstflâneur 2023

Sind Euch beim Kunstflânieren um die Binnenalster schon einmal die Wörter am Gebäude Neuer Jungfernstieg 21/Ecke Fehlandtstraße aufgefallen? Nur ein paar Schritte vom Wasser entfernt steht an der Fassade AN DEN SEE / AUF DEM SEE / VON DEM SEE / AN DEM SEE / GRENZEND AN DEN SEE. Bei den siebzig Zentimeter hohen Wörtern in cyanblauer Farbe handelt es sich um ein Werk des amerikanischen Konzeptkünstlers Lawrence Weiner (1942-2021).

Für den mehrmaligen documenta und Biennale-Teilnehmer ist Sprache das Material seiner Kunst. Dabei verwendet Weiner meist Großbuchstaben und ausgewählte, einfache Schriften, deren Anordnung sowie die Schriftart die elementare Basis seiner Arbeit ist. Die Ausführung des Werkes allerdings nicht.

Bereits 1968 legte er in seiner radikalen „Declaration of Intent“ die grundsätzliche Absicht seiner Kunst fest:

  1. Der Künstler kann das Werk herstellen.

  2. Das Werk kann angefertigt werden.

  3. Das Werk braucht nicht ausgeführt zu werden.

Damit veränderte er die bis dahin gängige Definition des Kunstwerks und erweiterte sie, denn für ihn existiert ein Kunstwerk auch unabhängig von seiner künstlerischen Realisierung - allein die schöpferische Idee zählt.

Das Werk „AN DEN SEE...“ entstand 1970 und wurde 2004 in Hamburg durch die Michael-und-Susanne-Liebelt-Stiftung initiiert und realisiert. Ursprünglich wurde die Wandskulptur mit einem leuchtend-blauen Hochglanz-Industrielack ausgeführt, der aber durch die Witterung verblasst ist. Eine weitere Ausführung gab es 1995 an der Züricher Hochschule der Künste, diesmal mit roten Buchstaben und in einer anderen Schriftart - sowohl in Deutsch als auch in Englisch. Erst im Geist des Betrachters entfaltet sich die Kunst von Lawrence Weiner, quasi als Denkanstoß. Damit schafft er gleichsam spielerisch und en passent sehr poetische Skulpturen im öffentlichen Raum.

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