9. Kunstflâneur - Lili Fischer
Auf Einladung des Vereins "Kinder vom Bullenhuser Damm" schuf die Hamburger Künstlerin Lili Fischer einen besonderen Ort zum Gedenken an die 20 Kinder und ihre Betreuer, die am 21. April 1945 (siebzehn Tage vor Kriegsende) nach grausamen Menschenversuchen ermordet wurden. An einer verkehrsreichen Straße in Hamburg-Rothenburgsort gelegen, neben dem Gebäude, wo das Verbrechen stattfand, sollte dieser Erinnerungsort nach Jahrzehnten Verschüttetes wachrufen und zudem Hinterbliebenen und Anteilnehmenden als Ort der Andacht dienen.
Nach dreijähriger Planungsphase konnte 1985 das Kunstwerk „Kinder vom Bullenhuser Damm“ realisiert werden. Es besteht aus einer Palisadenumzäunung, einer Trauerweide, einer achteckigen Pergola mit Bänken zum Verweilen, Wacholderbüschen sowie einem Rosengarten mit Gedenktafeln für jedes einzelne Opfer. Noch blühen die Rosen nicht, aber wer in den nächsten Wochen zur Rosenblüte dorthin gehen möchte, kann auch als Teil des Konzeptes eine eigene Rose in den Garten pflanzen.
Mit ihrem künstlerischen Konzept der Feldforschung hat Lili Fischer bereits Anfang der 1970er Jahre diese empirische Forschungsmethode, die u. a. aus der Soziologie und Ethnologie bekannt ist, in die Kunst übertragen. Durch Beobachten, Erforschen und Sammeln von Pflanzen, Tieren, Landschaften untersucht sie Inhalte neu und belebt sie wieder. Für Feldforschung/Performance war sie zudem von 1994 bis 2013 als Professorin an der Kunstakademie in Münster tätig. Bis vor einigen Jahren waren im alten Treppenhaus der Hamburger Kunsthalle ihre poetischen Schnakenarbeiten ausgestellt, die ich seitdem sehr vermisse.